Dienstag, 23. Oktober 2012

Poesie der Bedrohung. Das Gedicht „Zufluchtsstätte“ von Bertolt Brecht


Das Gedicht „Zufluchtsstätte“ von Bertolt Brecht stammt aus der Sammlung „Svendborger Gedichte“, die Brecht bereits im Exil zusammenstellte und die 1939 in Kopenhagen erschien. Wie die bereits besprochenen Gedichte „Über die Bezeichnung Emigranten“ und „Gedanken über die Dauer des Exils“ gehört es zum sechsten Teil der Sammlung, welcher insbesondere die Situation im Exil reflektiert.

Anders als bei den beiden Vorläufern fällt beim Lesen ein zurückhaltender Rhythmus auf (bestehend aus Amphibrachys und Jambus – je nach Takteinteilung ließen sich manche Versfüße auch als Anapäst lesen). Der Rhythmus aus Jamben und Amphibrachen wird aber mehrfach unterbrochen: nämlich in Vers 2 durch die beiden aufeinander folgenden Hebungen bei „wégtrágen“, in Vers 4 durch den Rhythmuswechsel in einen dreihebigen Trochäus bei „Pfáehle éingeschlágen“ und in Vers 5, hier weniger stark, da hier Jamben verwendet werden, allerdings ohne die Kombination mit dem einwiegenden Amphibrachys; sowie schließlich am Ende durch einen Akzentwechsel bei „dáraus zu fliéhn“ auf die erste Silbe im Takt.

Ebenso zurückhaltend wie der Rhythmus sind die Reime, die durch den uneinheitlichen Rhythmus leicht überlesen werden können und nur vorsichtig anklingen. Rhythmus und Reime wirken daher so, als sollten sie einen zu harmonischen Klang um jeden Preis vermeiden.

Zu diesen formalen Aspekten korrespondiert die Bildlichkeit des Gedichts. Zunächst lassen sich alle Elemente wörtlich verstehen. Tropen – seien es Metaphern, Metonymien oder Symbole – drängen sich zunächst nicht auf. Selbst das "Ruder auf dem Dach" (Vers 1) kann noch als gegenständliche Beschreibung aufgefasst werden, auch wenn es am ehesten als Metapher der Deplazierung verstanden werden kann – als Bild für den ins Ausland vertriebenen Dichter, fern der Muttersprache. Stärker noch aber als die dezente, skizzenhaft gehaltene Darstellung der Zufluchtsstätte mit Strohdach, Schaukelpfählen und Blick auf den Sund wirkt als formales Element die Auslassung. Schon in den Anfangsversen ergibt sich eine Lücke: „Ein mittlerer Wind// Wird das Stroh nicht wegtragen“ – ein stärkerer schon, ist man geneigt hinzuzufügen. Auch die Schaukel hat nur Pfähle, die Schaukel zwischen den Pfählen fehlt – so zeigen die Pfähle eher eine Lücke an, deuten auf das Fehlen von Schaukelbrett und spielenden Kindern. In diesem Sinne „wären“ auch die Briefe willkommen, wenn denn tatsächlich welche kämen. Sie werden schmerzlich vermisst. So entsteht das Bild einer leeren Zuflucht, einer Unbehaustheit, wie sie im ersten Teil des Gedichts „Gedanken über die Dauer des Exils“ anklingt. Die Abwesenheit eines wirklich schützenden Dachs, von Schaukel, Kindern und Briefen verhindert ein Heimisch-Werden. Dies „Unheimliche“ erfährt im letzten Vers seine Begründung – der Feind, auch er wird nicht erwähnt, zwingt das lyrische Ich zur Flucht. So steht am Ende das Bild eines verlassenen Hauses, während die drohende Ankunft des Feindes nachträglich der Zufluchtsstätte eine andere Färbung verleiht: Über dem Haus liegt eine latente Bedrohung. Sie bewirkt, dass das Ruder zur Flucht oder als Waffe dienen könnte, sie gibt den Pfählen ein anderes Aussehen, ein weniger unschuldiges, das einer latenten Gewalt; und auch die Briefe lassen sich nun als eine fehlende Warnung verstehen, hat doch die Flucht, die thematisch in das Gedicht hineinplatzt, so etwas Plötzliches wie die Ankunft des Feindes. Letztlich steht in einer Klimax der Auslassung der Feind, der zur Flucht zwingt, als Grund hinter aller Unbehaglichkeit.

So entsteht eine Korrespondenz von formalen und sprachbildlichen Elementen. Dabei ergibt sich durch die gestörte Metrik, die vorsichtigen Reime und der Rhetorik der Auslassung ein antithetisches Zusammenspiel aus der Beschaulichkeit des Ortes und latenter Lebensbedrohung, von scheinbarer Harmonie und unterschwelliger Bedrohung.
Thermann

Brecht im Exil. Biographische Skizze

Eugen Berthold Friedrich Brecht kam am 10.2.1898 als erstes Kind von Friedrich Brecht und Wilhelmine Friederike in Augsburg auf die Welt.
Ab 1930 begannen die Nationalsozialisten die Vorführungen Brechts zu stören. Am 28. Februar 1933 verließ er mit seiner Familie Deutschland, seine ersten Aufenthaltsorte waren Prag, Wien und Zürich. Im Frühsommer 1933 reiste er nach Carona, eine politische Gemeinde in der Schweiz, danach nach Paris.
Ab April 1933 stand Bert Brecht auf der schwarzen Liste, aus diesem Grund wurden seine Werke am 10.Mai 1933 verbrannt und verboten.
Sein erstes Exilwerk, das Ballett „Die sieben Todsünden“ wurde Juli 1933 im Théâtre des Champs-Elysées uraufgeführt, er erarbeitete das Werk mit Kurt Weill.
Kurze Zeit danach erwarb er ein Haus in Svendborg (Dänemark), wo er die nächsten 5 Jahre mit seiner Familie verbrachte. 1939 verließ er Dänemark und wohnte für 1 Jahr in einem Bauernhaus bei Stockholm, April 1940 reiste er nach Helsinki weiter.
Im Mai 1941 reiste Bertold Brecht mit seiner Familie nach Russland (Moskau und Wladiwostok) und dann nach Kalifornien. Sein Wunsch war als erfolgreicher Drehbuchautor in den USA zu arbeiten, jedoch hatte er nicht allzu viel Erfolg. 1947 war Brecht in Verdacht, dass er einer kommunistischen Partei beigetreten ist, jedoch stritt er diesen Vorwurf ab und reiste ein Tag später nach Paris und dann am 5.November nach Zürich. In der Schweiz blieb er ein Jahr und als in der sowjetischen Besatzungszonen wieder mehrere Theater öffneten, reiste er im Oktober 1948 auf Einladung des Kulturbundes zur demokratischen Erneuerung Deutschlands (später: Kulturbund der DDR) nach Berlin. In Berlin interessierte sich ein Verlag für seine Lyrik und er lernte wichtige Personen kennen, die für seine Karriere von großer Bedeutung waren. Am 15. April 1950 fand die Premiere vom Stück „Der Hofmeister“ von Jakob Michael Reinhold Lenz (Bearbeitung von Brecht). Es war ein großer Erfolg und Brecht wurde zum ersten Mal in der Öffentlichkeit als Regisseur wahrgenommen. Am 15.Mai 1955 verstarb Berthold Brecht durch ein Herzversagen.
Georg Dobry, Duc Le

Brechts Jugend


Am 10.Februar 1898 wurde Bertolt Brecht (eigentlich Eugen Berthold Friedrich Brecht) in Augsburg geboren. Er hatte einen jüngeren Bruder und war Sohn von Berthold Friedrich Brecht, eines leitenden Angestellten, der später Direktor der Haindl’schen Papierfabrik wurde. Seine Mutter Wilhelmine Friederike Sophie Brecht (geb. Brezing) kommt aus einer pietistischen Familie. Brecht wurde in Augsburg getauft und später konfirmiert. Er wuchs in einem handwerklichen Umfeld auf, war schüchtern und litt an einer Herzerkrankung, weswegen seine Mutter ihn liebevoll verpflegte.
Von 1908 bis 1917 ging er auf das Königliche Realgymnasium, wo er im Ersten Weltkrieg sein Notabitur machte. Nachdem Brecht bemerkte, dass er ein poetisches Talent besitzt, schrieb er in seinem ersten Tagebuch „Ich muß immer dichten“. Als Autor und Redakteur der Schülerzeitung „Die Ernte“ veröffentlichte er seine ersten Gedichte und Erzählungen. Außerdem begeisterte Brecht der Religionsunterricht. Um 1914 publizierte Brecht seine „Augsburger Kriegsbriefe“ in der München-Augsburger Abendzeitung. Er sollte einen Schulverweis bekommen, weil er in einem Aufsatz über Horaz’ Dulce et decorum est pro patria mori den Krieg kritisierte. Er bekam jedoch nur eine mündliche Verwarnung, da sein Vater eine wichtige Stellung hatte und sein Religionslehrer sich für ihn engagierte.
Um 1916 lernte Bertolt Brecht die Arzttochter Paula Banholzer kennen, die später den Sohn Frank Banholzer (1919) gebar. Da die Eltern von Paula ihn als Schwiegersohn nicht akzeptierten, verbrachte der Sohn die ersten Jahre in Pflege. Später versorgten die Großeltern sowie die erste Ehefrau Marianne Zoff den Sohn von Brecht. Dann übernahm dies seine zweite Frau Helene Weigel.
Am 2. Oktober 1917 fing er sein Studium an der Ludwig-Maximilians-Universität München in Philosophie, Literatur und Medizin an, was er 1918 abbrechen musste. Da Brecht an einem Herzfehler litt, konnte er nicht als Soldat tätig sein, deswegen arbeitete er als Militärkrankenwärter im Augsburger Reservelazarett. Im gleichen Jahr trat er dem Augsburger Arbeiter- und Soldatenrat bei. Im Jahre 1919 nahm er das Studium wieder auf, besuchte die Universität jedoch nur unregelmäßig und wurde schließlich am 29. November 1921 exmatrikuliert. Von 1921 bis 1922 besuchte Brecht noch kurzzeitig die Philosophischen Fakultät in Berlin, begann aber kein Studium. In den 1920er Jahren baute Brecht mehrere Beziehungen zu Autoren und Kabarettisten auf, wie Karl Valentin, und verkehrte deswegen oft zwischen München und Berlin. Kurz danach gründete Brecht eine literarische Firma mit Lion Feuchtwanger und Arnolt Bronnen. Daraufhin änderte er seinen Namen in Bertolt um. 1922 erscheint das Drama “Baal“ als Buch. Marianne Zoff wurde nach mehreren literarischen Erfolgen am 3. November 1922 Brechts Frau und brachte am 12. März 1923 Tochter Hanne zur Welt. Im Jahr 1924 zog Brecht nach Berlin.
Bei der Erstaufführung von „Trommeln in der Nacht“ im September 1922 in Berlin lernte Brecht Helene Weigel kennen. Neben der Ehe mit Marianne Zoff bekam Brecht mit Helene Weigel 1924 einen zweiten Sohn, Stefan. Drei Jahre danach schied er sich von Marianne Zoff und heiratete Helene Weigel (1929). Im Jahr 1930 gebar Weigel das zweite gemeinsame Kind Barbara. Brecht arbeitete derzeit mit Carl Zuckmayer an Max Reinhardts Deutschem Theater als Dramaturg in Berlin.
Katharina Fischer und Judith Wieloch

Freitag, 28. September 2012

Interpretation " Gedanken über die Dauer des Exils "




Das Gedicht „Gedanken über die Dauer des Exils“ geschrieben von Bertolt Brecht im Jahr 1937 behandelt die Lebenssituation eines Exilanten.
Brecht schrieb dieses in seiner Exilzeit während des Nationalsozialismus’, in dem systemkritische Publizisten vom Regime verfolgt wurden und daher fliehen mussten.Daher spiegelt dieses Gedicht möglicherweise auch Brechts Lage im Exil und seine persönlichen Gedanken wieder.
Der Inhalt ist an die 2.Person Singular gerichtet, dies hat die Wirkung, dass die Aufforderungen und Fragen Brecht selbst betreffen.
Der reimlose Text ist in 2 Teile gegliedert, wobei der 1. aus 4 Strophen mit jeweils 4 Versen besteht während der 2. Part nur einen Absatz mit 14 Versen besitzt.
Auch grammatikalisch sind Unterschiede in der Zeitform zwischen den Teilen zu erkennen.
Im ersten Teil verwendet  Brecht das Präsens, wodurch sich auch das Inhaltliche auf die aktuelle Exillage bezieht. Der zweite Teil beinhaltet Vergangenheitsformen und bezieht sich auf das vorher Geschriebene, dadurch findet also ein Zeitsprung sowohl grammatikalisch als auch inhaltlich statt.
In seinem Gedicht stellt Brecht zwei zentrale Situationen gegenüber.
Die Hoffung des Exilanten, schon bald in sein Heimatland zurück kehren zu können, steht im Widerspruch mit der in Teil 2 beschriebenen Enttäuschung, trotz der Mühen sich immer noch in der Fremde zu befinden.
Durch die Hoffnung „morgen“ aus dem Exil zu kommen, lehnt das „Lyrische-Du“ es ab, sich auf einen längeren Aufenthalt einzustellen, was durch die rhetorischen Fragen „Warum versorgen für vier Tage?“ (V. 3) und „Wozu noch einen Baum pflanzen?“ (V. 6) verdeutlicht wird.
Das Symbol „Baum“ steht für Leben, Wurzeln schlagen und heimisch werden.
Die Person, an jene der Appell „Zieh die Mütze ins Gesicht, wenn Leute vorbeigehn!“ (V. 9-10), soll sich von der Umwelt abschotten und keine Kontakte knüpfen.
Der Rückblick im 2. Teil dokumentiert, dass sich das „Du“ aufgrund der langen Verweildauer ein Zuhause im Exil entgegen der ursprünglichen Absicht aufgebaut hat („Sieh den kleinen Kastanienbaum im Eck des Hofes“ (V. 29-30)).
Auf die Frage, wann er zurückkehren werde, folgt eine rhetorische Frage „Wann, glaubst du, wirst du zurückkehren?“, die dem Leser vermittelt, dass das Ende des Exils in ferner Zukunft liege.
Außerdem signalisiert sie, die Enttäuschung welche das „Lyrische- Du“ empfindet und die Ironie über das „ alte Ich“, welches voller Naivität auf die schnelle Rückkehr in die  Heimat geglaubt hat.

Die 2 Teile des Gedichts „Gedanken über die Dauer des Exils“ widersprechen sich und bilden eine Antithese, welche die Zerrissenheit des Exilanten beschreibt.


von Lisa Kampschulte und Paulina Panckow


Gedichtinterpretation "Ausschließlich wegen der zunehmenden Unordnung"



Das Prosagedicht „Ausschließlich wegen der zunehmenden Unordnung“ wurde 1937/38 von Bertolt Brecht zur Zeit seines Exils in Dänemark verfasst. Das Gedicht handelt von der gesellschaftlichen Unordnung, die durch das politische System, in dem Fall den Nationalsozialismus, entstanden ist.
    Visuell ist das Gedicht, typisch für ein Prosagedicht, in keine erkennbaren Strophen eingeteilt und es ist keine Reimform zu erkennen. Ein besonderes Merkmal ist, dass die Zeichensetzung teilweise unverständlich wirkt und dass das Gedicht ein ganzer Satz ist, da nur am Ende ein Punkt gesetzt wurde.
    Das Prosagedicht ist hauptsächlich im Präsens geschrieben und die verwendeten Verben wirken auf den Leser teilweise wie eine Unterstellung („Ihr versteht.“ Z.16).
    Wie bereits gesagt, wurde das Gedicht im Exil verfasst und beschäftigt sich hauptsächlich mit der Expressionismusdebatte, die zwischen 1936 und 1939 ausgetragen wurde. In der Debatte wurde beschlossen, dass sich die Dichter nun mehr mit den politischen Themen beschäftigen, wogegen Brecht sich mit diesem Gedicht wendet, denn er spricht auch die schöne Poetik an.
    Er benutzt zum einen Substantive, die das Menschliche beschreiben („Frauen, Geruch reifer Äpfel im Keller, Empfindungen des Fleisches“ Z.4/5). Das bedeutet die schönen Dinge des Lebens, das „was den Menschen rund macht und glücklich“ (Z.6). Anderseits beschreibt er jedoch auch die „Politik und das trockene „unwürdige“ Vokabular der dialektischen Ökonomie“ (Z.9/10). Damit schildert er die negativen Dinge im Leben, also den Gegensatz zu den wirklich menschlichen und poetischen Dingen.
   Diesen Konflikt der Poetik und der Politik verdeutlicht  er unter anderen mit der Antithese als rhetorische Stilmittel. Die Antithese und die Kombination der Widersprüche erzeugt beim Leser eine Lust auf ein vielfältiges Leben.

Mittwoch, 26. September 2012

Gedichtinterpretation "Zufluchtsstätte"

Das Gedicht „Zufluchtsstätte“ von Bertolt Brecht, das in dem Jahr 1937 entstanden ist, handelt von dem Ort, an dem sich das lyrische Ich befand. In derselben Zeit, genauer gesagt von 1933 bis 1939, lebte Berthold Brecht wie das lyrische Ich in einer Zufluchtsstätte. Von den Nationalsozialisten aus Deutschland, wegen seiner kritischen Gedichte vertrieben, ließ sich Brecht auf einer idyllischen Insel Dänemarks nieder. Daher ist davon auszugehen, dass das Gedicht aus der Perspektive von Brecht verfasst wurde, er darin seine eigenen Erlebnisse verarbeitet und demzufolge mit dem lyrischen Ich gleichzusetzen ist. 

„Zufluchtsstätte“ wurde in zwei Strophen mit jeweils vier Versen geschrieben. Dabei wurden zwei unterschiedliche Reimschemata verwendet. In der ersten Strophe ist es ein Kreuzreim (abab), in der zweiten ein umarmender Reim (abba). 

In dem ersten Vers befindet sich eine Anapher „Ein… . Ein“. Dadurch wird eine gewisse Monotonie in den Achtzeiler gebracht. Im Allgemeinen lässt sich zu der ersten Strophe sagen, dass sie eine bloße Aneinanderreihung von Hauptsätzen ist und daher das Eintönige durch den Aufbau zusätzlich unterstützt wird. Am Anfang des ersten Verses beschreibt das lyrische Ich, dass ein Ruder „ auf dem Dach“ liegt. Es scheint daher, als wolle es jederzeit zur Flucht bereit sein (Bezug auf Vers 7- das Wasser als Fluchtweg).Darauf folgend in den Versen 3 und 4, dass die „Pfähle eingeschlagen“ sind, sagt zwar aus, dass Pfähle stehen, nicht jedoch ob die Schaukel auch schon montiert wurde. Würde die Schaukel angebracht werden, wäre das lyrische Ich mit dem Ort emotional verbunden. Um dies zu vermeiden, baut es die Schaukel nicht fertig. Da das lyrische Ich mit Bertolt Brecht gleichzusetzen ist, kann man wohl zu Recht behaupten, dass Brecht sein Exil nicht sonderlich mochte und die Hoffnung da wegzukommen, noch nicht aufgegeben hat. 

Die zweite Strophe beginnt mit einem Gefühl von Einsamkeit, fast schon Verbitterung dadurch. „ Wo Briefe willkommen wären“ (Vers 6) ist das Ende des Satzes und zeigt, dass das lyrische Ich gerne soziale Kontakte haben will und auf Post wartet, aber es kommt nichts. Keiner schreibt dem lyrischen Ich, es ist allein. Anschließend folgt eine geschickte Überleitung. Vers 7 hat zwei Bedeutungen. Einerseits die Beobachtung von Schiffen aus Langweile, andererseits aber auch das im Auge behalten des Fluchtweges. Während die erste Bedeutung noch als Fortsetzung vom Anfang der Strophe zu sehen ist, ist die zweite Variante eher als Vorgänger für die Schlusszeile zu sehen. Da beschreibt das lyrische Ich dann genau, dass es alle Fluchtwege kennt. „Vier Türen, … zu fliehn“ zeigt noch mal prägnant, dass er aus seinem Exil weg möchte und gegebenenfalls auch muss. Da die Nationalsozialisten weiter auf dem Vormarsch waren, wurde die Bedrohung für die Exilanten in den Nachbarländern von Deutschland immer größer. Die vier Fluchttüren symbolisieren die vier Möglichkeiten, die Brecht hatte, um sicher aus Dänemark zu entkommen (Großbritannien, Norwegen, Schweden, Russland). 

Interpretation Zufluchtsstätte II



Zufluchtsstätte

Ein Ruder liegt auf dem Dach. Ein mittlerer Wind
Wird das Stroh nicht wegtragen.
      Im Hof für die Schaukel der Kinder sind
Pfähle eingeschlagen.

      Die Post kommt zweimal hin
Wo die Briefe willkommen wären.
      Den Sund herunter kommen die Fähren.
      Das Haus hat vier Türen, daraus zu fliehn.
(1937)


In dem Gedicht „Zufluchtsstätte“ von Bertolt Brecht beschreibt er die Situation im dänischen Exil. 
Brecht befand sich von 1933 bis 1939 im dänischen Exil und schrieb viele Gedichte/Texte, in denen er indirekte Kritik an der politischen Situation Deutschlands übte.

In den ersten zwei Versen heißt es: „Ein Ruder liegt auf dem Dach. Ein mittlerer Wind wird das Stroh nicht wegtragen.“ Das Ruder steht als Symbol, welches das Strohdach beschwert, da das Dach nur für die Dauer seiner Exilzeit angefertigt ist und Brecht davon ausgeht, dass er dort nur für eine kurze Zeit verweilen wird. Dieser Ballast ist notwendig, um dem mittleren Wind, der eine Metapher für die allgemein unruhige politische Situation im nationalsozialistischen Deutschland darstellt, davon abzuhalten, die Zufluchtsstätte niederzustürzen. 
Die eingeschlagenen Pfähle verdeutlichen seine Einstellung gegenüber der Dauer des Exils. Er schuf das Fundament, um eine idyllische Familienumgebung zu errichten und sich von den damaligen aktuellen Umständen zu distanzieren.
„Die Post kommt zweimal hin
Wo die Briefe willkommen wären.“
Brechts Einsamkeit wird durch den Wunsch nach Kontakt mit der Heimat durch die Zeilen verdeutlicht. Er wartet stets auf Neuigkeiten, die durch die Post gebracht werden, welche er sehnlichst erwartet. Seine vier Optionen, im Notfall zu fliehen, metaphorisiert er mit den vier Türen seiner Zufluchtsstätte. Er behält seinen Fluchtweg im Auge, ebenfalls drückt die Zeile „Den Sund herunter kommen die Fähren.“ seine Monotonie aus, da er Tag für Tag an der gleichen Stelle die gleichen Gegebenheiten wahrnimmt. 

...Fortzsetzung folgt ... (Stilmittel) ;)


von: Nathaly Hauska, Benjamin Ruppe, Jan Dittmar und Nicolai Nobis